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33. Novelle der Straßen­ver­kehrs­ord­nung


Förderung der sanften Mobilität sowie Steigerung der Verkehrssicherheit speziell für Kinder und Jugendliche

„Ganz egal, ob in der Stadt, in der Gemeinde oder am Land – wir alle sind viel unterwegs, sei es zu Fuß oder mit dem Rad. Die Vorschriften der StVO spiegeln derzeit die Bedeutung dieser grundlegenden Formen der Mobilität bei weitem nicht wider. Besonders für das Radfahren und Zufußgehen ist es überfällig, die Verkehrsregeln ins 21. Jahrhundert zu holen. Und genau das machen wir mit der Novelle der StVO. Radfahrer:innen und Fußgänger:innen bekommen endlich einen höheren Stellenwert. Und wir verringern dabei auch Barrieren für Menschen, die im Rollstuhl, mit Rollator oder einem Kinderwagen unterwegs sind. Das garantiert mehr Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden und bringt ein Mehr an Lebensqualität und Klimaschutz“, meint Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.


Neue Bestimmungen für (Kraft-)Fahrzeuglenker

Mit Kraftfahrzeugen ist es verboten, dieselbe Straße oder dieselben Straßenzüge innerhalb eines örtlichen Bereiches ohne zwingenden Grund mehrmals hintereinander zu befahren oder den Motor am Stand länger als unbedingt notwendig laufen zu lassen. Das war bisher nur für Mopeds ausdrücklich verboten.

Für das Überqueren von Gehsteigen, Gehwegen und Radfahranlangen soll ein ausdrückliches Gefährdungs- und Behinderungsverbot von Fußgängern und Radfahrern ins Gesetz aufgenommen werden.


Bei jedem Überholen muss ein von der Geschwindigkeit abhängiger Sicherheitsabstand zum zu überholenden Fahrzeug eingehalten werden. Für das Überholen von Fahrrädern und Rollern durch Kraftfahrzeuge wird ein Mindestabstand festgelegt:

  • Im Ortsgebiet mindestens 1,5 m
  • Außerhalb des Ortsgebietes mindestens 2 m

Bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von höchstens 30 km/h kann der Seitenabstand reduziert werden.

Betroffene Prüfungsfragen: 1472, 1473


Der Lenker eines Fahrzeuges darf an einem in eine Haltestelle einfahrenden oder dort stehenden Schienenfahrzeug oder an einem Omnibus des Schienenersatzverkehrs oder des Kraftfahrlinienverkehrs auf der Seite, die für das Ein- oder Aussteigen bestimmt ist, nicht vorbeifahren. Der Lenker eines Fahrzeugs darf dann mit Schrittgeschwindigkeit vorbeifahren, wenn alle Türen des öffentlichen Verkehrsmittels wieder geschlossen sind und er sich vergewissert hat, dass keine Personen mehr zum öffentlichen Verkehrsmittel zulaufen. (Bisher war das Vorbeifahren mit 1,5 m Seitenabstand und Schritttempo gestattet.) Ein- oder aussteigende Personen dürfen weder gefährdet noch behindert werden. Wenn es die Sicherheit erfordert, ist anzuhalten. 

Betroffene Prüfungsfragen: 606, 607, 608, 634


Lenker von Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht über 3, 5 t müssen innerhalb des Ortsgebietes beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn mit geradeaus fahrendem Fahrradverkehr, in selber Fahrtrichtung rechts abbiegendem Fahrradverkehr oder im unmittelbaren Bereich des Einbiegens mit die Fahrbahn überquerendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.

Im städtischen Bereich entsteht häufig die Situation, dass beim Schrägparken Fahrzeugteile so weit in den Gehsteig oder auf Radfahranlagen hineinragen, dass mit einer massiven Behinderung des Fußgängerverkehrs bzw. Fahrradverkehrs zu rechnen ist. Das Hineinragen soll nunmehr generell verboten werden. Zulässig bleiben soll im Fall von Gehsteigen und Gehwegen das Hineinragen im praktisch kaum zu vermeidenden, geringfügigen Ausmaß, wie Seitenspiegel oder Stoßstange, und für Ladetätigkeiten. 
Für manche Gehsteige in Mödling geradezu originell ist der Satz „In jedem Fall hat dabei der freibleibende Querschnitt mindestens 1,5 m zu betragen.“


Neue Bestimmungen für Radfahrende

Die Bezirksverwaltungsbehörde kann durch Verordnung Kreuzungen bestimmen, an denen die Lenker von Fahrrädern trotz roten Lichts rechts abbiegen oder bei T-Kreuzungen geradeaus fahren dürfen, wenn

  • Sie zuvor angehalten haben
  • Eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs in der freigegebenen Fahrtrichtung, nicht zu erwarten ist 
  • Neben dem roten Lichtzeichen eine entsprechende Zusatztafel angebracht ist

Die seit der 30. StVO-Novelle bestehende Möglichkeit, zu Versuchszwecken das Rechtsabbiegen bei Rot für alle Fahrzeuggruppen für bestimmte Kreuzungen zu erlauben, entfällt. 


Bisher war das Nebeneinanderfahren von Radfahrern nur auf Radwegen, Fahrradstraßen, Wohnstraßen, Begegnungszonen und für Radfahrer freigegebenen Fußgängerzonen sowie für Trainingsfahrten mit Rennfahrrädern zulässig.

Mit der Neuregelung wird das Nebeneinanderfahren von zwei einspurigen Fahrrädern auf Fahrbahnen mit einer Höchstgeschwindigkeit bis 30 km/h erlaubt, sofern es das Verkehrsaufkommen zulässt, niemand gefährdet wird und es sich nicht um Schienenstraßen oder Vorrangstraßen handelt.

Im Falle der Begleitung eines radfahrenden Kindes unter 12 Jahren soll das Nebeneinanderfahren, ausgenommen auf Schienenstraßen, immer zulässig sein.


Radfahrer in Gruppen ab zehn Personen ist das Queren einer ungeregelten oder geregelten Kreuzung im Verband durch den übrigen Fahrzeugverkehr zu erlauben. Dabei sind beim Einfahren in die Kreuzung die für Radfahrer geltenden Vorrangregeln zu beachten. Wenn die Ampel dann auf Rot umschaltet, darf die Gruppe dennoch weiter in die Kreuzung einfahren. „Der voran fahrende Radfahrer hat im Kreuzungsbereich den übrigen Fahrzeuglenkern das Ende der Gruppe durch Handzeichen zu signalisieren und erforderlichenfalls vom Fahrrad abzusteigen.“ Der erste und letzte Radfahrer der Gruppe müssen eine reflektierende Warnweste tragen.


Die bisher vorgegebene Annäherungsgeschwindigkeit bei ungeregelten Radfahrerüberfahrten von 10 km/h erscheint bei geringem Verkehrsaufkommen und guten Sichtverhältnissen unverhältnismäßig. Die Beschränkung soll nur gelten, wenn in unmittelbarer Nähe motorisierter Verkehr fährt.

Wenn ein Radfahrstreifen endet, gilt seit der 30. StVO-Novelle das Reißverschlusssystem, um damit den Radfahrern ein gleichberechtigtes Einordnen in den anderen Fließverkehr zu ermöglichen. Ergänzend wurde festgehalten, dass Radfahrer nur noch dann wartepflichtig sind, wenn sie von einem Radweg bzw. Geh- und Radweg kommen, der nicht durch eine Radfahrerüberfahrt fortgesetzt wird.

Mit dieser Novelle erfolgt eine weitere Einschränkung: Wenn ein Radweg im Ortsgebiet parallel einmündet, gilt ebenfalls das Reißverschlusssystem.

Mit Fahrrädern wird das Halten und Parken in Fußgängerzonen erlaubt, sofern Fußgänger und der übrige Verkehr dadurch nicht behindert werden. Das gilt auch dann, wenn das Fahren in der Fußgängerzone nicht erlaubt ist – das Schieben eines Fahrrades ist immer zulässig.

Verstöße gegen die Ausrüstungsbestimmungen der Fahrradverordnung sollen einen eigenen Straftatbestand darstellen. Ob ein oder mehrere Verstöße vorliegen, bleibt dann unerheblich. Wenn also mehrere Ausrüstungsteile fehlen, wird trotzdem nur ein (also: 1) Straftatbestand verwirklicht, und es ist daher auch nur eine Strafe zu bezahlen – und nicht eine für jeden fehlenden Rückstrahler.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass im Rahmen der Verordnung von Fahrradstraßen häufig der Bedarf an der Durchfahrt in der jeweiligen Straße besteht, da sonst umfassender Ausweichverkehr entstehen würde. Daher soll im Rahmen der Verordnungserlassung die Durchfahrt auch für andere Fahrzeuge gestattet werden können.

Speziell für die städtischen und touristischen Bereiche zeichnet sich ein vom motorisierten Verkehr unterscheidender Bedarf für Radfahrer für eine gesonderte Wegweisung ab. Ziel ist es dabei, unnötig lange Strecken zu vermeiden und den verkehrsgünstigsten Weg für Radfahrer zu definieren. Mit einem eigenen Wegweisungssystem für Radfahrer soll diesem Umstand Rechnung getragen werden.


Fußgängerverkehr

Die Benützungspflicht für Über- und Unterführungen entfällt. Damit stellt sich für uns die Frage, ob das Gebotszeichen noch eine Berechtigung hat ...

Betroffene Prüfungsfragen: 1283, 1284

Die Verpflichtung, Schutzwege innerhalb einer Distanz von 25 m zu benutzen, entfällt, wenn es die Verkehrslage zulässt und der Fahrzeugverkehr nicht behindert wird.


Weitere neue Verkehrszeichen

In Schulstraßen ist der Fahrzeugverkehr verboten, ausgenommen davon ist der Fahrradverkehr mit Schrittgeschwindigkeit. Zu- und abfahren mit Schrittgeschwindigkeit dürfen außerdem Krankentransporte, gekennzeichnete Schülertransporte (keine Elterntaxis!), Fahrzeuge des Straßendienstes, der Müllabfuhr, des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Feuerwehr in Ausübung des Dienstes, Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs, von Abschleppdiensten, der Pannenhilfe und Anrainerverkehr (alle Fahrten von und zu Anrainern). [gestrichener Text: Änderung des Entwurfs durch die Regierungsvorlage, Anm.]

Die Lenker von Fahrzeugen

  • Dürfen Fußgänger nicht behindern oder gefährden
  • Müssen zu ortsgebundenen Gegenständen oder Einrichtungen einen der Verkehrssicherheit entsprechenden seitlichen Abstand einhalten

Die Anbringung mechanischer Zufahrtssperren (portable Gitter, ...) ist zulässig, sofern der erlaubte Fahrzeugverkehr dadurch nicht am Befahren gehindert wird. In Schulstraßen ist das Gehen auf der Fahrbahn gestattet. Der erlaubte Fahrzeugverkehr darf aber nicht mutwillig behindert werden.

NEOS brachte im Nationalratsplenum einen Abänderungsantrag zur Schulstraße ein: Sie forderten, analog zur Regelung bei Fußgängerzonen sicherstellen, dass bei Schulstraßen die Möglichkeit bestehen solle, dass Menschen mit Behinderungen in diese einfahren dürften. Der Abänderungsantrag von NEOS fand allerdings keine Mehrheit.

Mit der 30. Novelle zur Straßenverkehrsordnung wurde eine neue Variante eines gemeinsam geführten Schutzweges und einer Radfahrerüberfahrt für die Fortführung eines Geh- und Radweges für die Überquerung der Fahrbahn eingeführt („St. Pöltner Modell“). Ein neues Hinweiszeichen soll die bisher bestehenden Zeichen (eingeführt mit der 23. StVO-Novelle) ersetzen und alle Varianten eines gemeinsam geführten Schutzweges und einer Radfahrerüberfahrt darstellen.

Adaptierte Straßenverkehrszeichen für eine Sackgasse sollen eine bessere Kundmachungsmöglichkeit für Durchgehmöglichkeiten für Fußgänger und Durchfahrmöglichkeiten für Radfahrer ermöglichen. Zusätzliche Hinweise auf Zusatztafeln, etwa auf Barrierefreiheit, sind möglich.

Zur besseren Erkennbarkeit werden mit einem Abänderungsantrag der Regierungsparteien in zweiter Lesung geänderte Symbole beschlossen. Die neuen Symbole entsprechen nicht den Symbolen der Gebotszeichen, sondern gehören zur TERN Symbolbibliothek, die in der RVS 05.02.12 und RVS 05.02.13 als verbindlich erklärt wurden.

Dieses Zeichen weist analog zum Hinweiszeichen für eine Tankstelle auf eine E-Ladestelle hin. Im blauen Rand kann die Entfernung bis zur E-Ladestelle angegeben werden.


Sonstige Bestimmungen

Um Polizeifahrräder in den Status eines Einsatzfahrzeuges zu heben und die Anbringung von Blaulicht und Folgetonhorn zu ermöglichen, sollen die gesetzlichen Bestimmungen geändert werden. Das Dienstfahrrad stellt ein hochmobiles Einsatzmittel für die Polizei im städtischen Raum dar. Neben Anlässen des Ordnungsdienstes (Verkehrssperren bei Demonstrationen, Sportveranstaltungen, …), die mobil durch die Fahrradpolizei begleitet werden, ergeben sich auch Fahrten zur sofortigen Nacheile bei der Ahndung von Verwaltungsübertretungen und teilweise auch gerichtlich strafbarer Handlungen. 

Da die Begriffe „Justizwache“ oder „Justizverwaltung“ nicht alle Aktivitäten von Strafvollzugsbediensteten vollständig erfassen, soll der Begriff „Strafvollzugsverwaltung“ bei den Fahrzeugen im öffentlichen Dienst ergänzt werden. Damit sind Sonderrechte bei bestimmten Verkehrszeichen, Fahrmanövern und Geschwindigkeitsbeschränkungen verbunden. 

Zusätzlich wird das Befahren von Radfahranlagen für Lenker von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausnahmsweise auch mit anderen als einspurigen Fahrzeugen gestattet, wenn das unerlässlich ist.


Nach der Begutachtung gestrichene Vorschläge

Einbahnstraßen dürfen grundsätzlich nur in der am Hinweiszeichen angezeigten Fahrtrichtung befahren werden. Bestimmte Gruppen von Straßenbenützern können durch Verordnung davon ausgenommen werden. In Wohnstraßen dürfen Radfahrende gegen die Einbahn fahren. Das soll künftig auch in Begegnungszonen gelten.

Eine Verpflichtung zur Freigabe des Radfahrens gegen eine Einbahn gilt in folgenden Fällen:

  • Einbahnstraßen im untergeordneten Straßennetz mit nur einem Fahrstreifen, ausgenommen Abbiegespuren
  • Höchstgeschwindigkeit bis zu 30 km/h
  • Die Fahrbahn hat einen Querschnitt von mehr als 4 m ohne angrenzende Parkplätze
  • Wenn aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs keine Bedenken bestehen

Die Möglichkeit, Einbahnstraßen mit einem geringeren Querschnitt gemäß dem Stand der Technik für das Befahren mit dem Fahrrad gegen die Einbahn freizugeben, bleibt davon unberührt.

Außer in Wohnstraßen und Begegnungszonen müssen Leit- oder Sperrlinien zur Trennung der entgegen der Einbahnstraße fahrenden Verkehrsteilnehmer vom übrigen Fahrzeugverkehr markiert werden, wenn das die Sicherheit oder die Flüssigkeit des Verkehrs erfordern.


Wenn die Sichtbeziehungen in Relation zur zulässigen Fahrgeschwindigkeit nicht ausreichend sind, wird der Bereich des Halteverbots beim „Randsteineck“ mit Sperrflächen oder baulichen Maßnahmen von 5 m auf 8 m erweitert.