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Änderung des Führerscheingesetzes (vulgo 1. Novelle)


Erst der Tod von drei Schülern aus Baden, verursacht durch einen mit extrem überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Alkolenker, führte zu einem politischen Allparteienkonsens, dass Alkohol am Steuer kein Kavaliersdelikt sein darf: Bei jenem Unfall am 15. November 1997 auf der A 1 wurde ein Schülerbus mit jungen Basketballern aus Baden von einem schwer alkoholisierten Autofahrer (mit über 2 Promille), der mit 180 km/h unterwegs war, gerammt – ein Unfall, der also auch mit einer 0,5-Promille-Grenze nicht zu verhindern gewesen wäre.

Schon seit 1989 liegt dem Rat der EU ein konkreter Vorschlag für eine Richtlinie vor, gemeinschaftsweit die Promillegrenze auf 0,5 Promille zu senken. Auch auf der Ebene der europäischen Verkehrsminister (CEMT) wurden in diese Richtung Schritte unternommen. 1993 wurde vom Ministerrat der CEMT eine diesbezügliche Resolution beschlossen. Verkehrsminister Kinnock hat sich beim EU-Verkehrsministerrat im Oktober 1997 für 0,5 Promille ausgesprochen. Die Europäische Kommission will mit einer einheitlichen Grenze von 0,5 Promille dazu beitragen, die Zahl von jährlich 45.000 Verkehrstoten und 1,6 Millionen Verletzten in den 15 Mitgliedsländern zu reduzieren.

Zur Erinnerung: Als weitere Grenzen wurden bereits im Sommer 1997 beschlossen:

  • Ab 0,8 Promille 581 Euro bis 3.633 Euro, drei Monate Entzug, unter besonderen Voraussetzungen jedoch nur vier Wochen
  • Ab 1,2 Promille 872 Euro bis 4.360 Euro, mindestens drei Monate Entzug, obligatorische Nachschulung
  • Ab 1,6 Promille 1162 Euro bis 5.813 Euro, mindestens vier Monate Entzug, obligatorische Nachschulung
  • Verweigerung 1162 Euro bis 5.813 Euro, mindestens vier Monate Entzug, obligatorische Nachschulung und verpflichtendes ärztliches Gutachten

Ebenso beschlossen wurde die 0,1 Promille-Grenze für alle Fahrer der Klassen C und D und für Mopedlenker von 15 bis 20 Jahren. Auch während der Schulfahrten, Übungsfahrten und Ausbildungsfahrten der Führerscheinwerber gelten die 0,1 Promille.

Übrigens: Seit für Fahranfänger im Zuge des Führerscheins auf Probe das Alkohollimit von 0,1 Promille gilt, hat Österreich in der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen weniger Opfer zu beklagen als in der Gruppe der 24 bis 35-jährigen.
Das Absenken des Alkohollimits zeigt hier seine Wirkung. Dramatisch bei den Alkoholunfällen ist es, dass mehr Nichtalkoholisierte als Alkoholisierte beteiligt sind. Dies bedeutet, dass die Gesellschaft dafür zu sorgen hat, dass Unschuldige geschützt werden.

Am Mittwoch, 10. Dezember 1997, konnten sich die vier Fraktionen ÖVP, SPÖ, Liberale und Grüne auf einen Kompromiss verständigen, der vorsieht, dass bei einem Alkoholgehalt im Blut zwischen 0,5 und 0,8 Promille

  • Beim ersten Mal eine Strafe zwischen 218 Euro und 3.633 Euro verhängt sowie der Entzug der Lenkberechtigung im Wiederholungsfall androht wird. Die Strafe ist nach der tatsächlichen Alkoholisierung und der Häufigkeit einer Übertretung zu bemessen
  • Bei der zweiten Übertretung droht neben der Geldstrafe ein mindestens dreiwöchiger Führerscheinentzug
  • Im Fall eines dritten Verstoßes innerhalb eines Jahres gibt es neben einer Geldstrafe und einem vierwöchigen Führerscheinentzug im Falle eines Unfalles auch Regressforderungen der Versicherungen wie bei 0,8 Promille.

Für die Praxis bedeutet dies, dass die Behörde z.B. bei der ersten Übertretung eine Strafe von 218 Euro, bei der zweiten Übertretung 363 Euro und bei der dritten Übertretung 581 Euro verhängen wird. Nach einem Jahr ohne Übertretung gilt die nächste Übertretung wieder als erste.

Die Behörde kann bis zu 3.633 Euro als Strafe verhängen, wenn etwa der Lenker einen Unfall verursacht oder ein besonders gefährliches Verhalten an den Tag gelegt hat. Im Wiederholungsfall innerhalb eines Jahres droht neben einer Geldstrafe ein Führerscheinentzug von mindestens drei Wochen, beim dritten Mal von mindestens vier Wochen. Auch hier gilt: Nach einem Jahr ohne Übertretung gilt die nächste Übertretung wieder als erste.

Am Freitag, dem 12. Dezember 1997, hat der Nationalrat über die Absenkung der Promillegrenze von 0,8 auf 0,5 auf Basis eines Antrages von ÖVP, SPÖ, Liberalen und Grünen entschieden. Ein Kraftfahrzeug darf voraussichtlich ab 6. Jänner 1998, 00:00 Uhr nur dann in Betrieb genommen und gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 Promille beträgt.

Zudem wurde ein Fünf-Parteien-Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr angenommen, der den Innenminister auffordert,

  • Für die Kontrollen die nötigen personellen Voraussetzungen zu schaffen
  • Die zu 20 Prozent zum Zweck der Verkehrsüberwachung gebundenen Strafgelder in eine Erhöhung der Zahl der Überwachungsposten zu investieren und
  • Verstärkt überregional organisierte Verkehrskontrollen durchzuführen

Der Justizminister soll einen Bericht über die Rechtsprechung der Gerichte in Bereich der Fahrlässigkeitsdelikte unter Alkoholeinfluss bis 15. Mai 1998 vorlegen.

Der Verkehrsminister wird ersucht,

  • Eine permanente und moderne Aufklärungsarbeit zu leisten, dass Alkohol am Steuer kein Kavaliersdelikt ist
  • Ein neues Testverfahren zur Feststellung der Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit durch Alkohol, Suchtgift und Medikamente zu entwickeln
  • Eine Unterstützung von Angeboten nächtlicher Heimbringungsdienste von Gastronomiebetrieben und Sammeltaxi-Systemen vorzusehen

Aber: Die strengsten Strafen werden nicht greifen und weitere Tragödien nicht ausgeschlossen sein, wenn sich nicht jeder Verkehrsteilnehmer seiner eigenen Verantwortung für sich selbst und für seine Mitmenschen bewusst ist.