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30. Novelle der Straßen­ver­kehr­sord­nung

Diese StVO-Novelle beinhaltet folgende Themen:

  • Änderung von Verhaltensregeln für Radfahrer sowie Schaffung eines neuen Modells für Radfahrerüberfahrten
  • Änderung der Modalitäten für den Radfahrausweis
  • Änderung der Benutzungsregeln von Kleinfahrzeugen und fahrzeugähnlichem Kinderspielzeug
  • Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung von Versuchen betreffend Rechtsabbiegen bei Rot 

Geänderte Vorschriften für Radfahrende

Das Ende eines Radfahrstreifens wird nicht mehr durch die Markierung „Ende“ angezeigt. Wenn ein Radfahrstreifen endet, gilt das Reißverschlusssystem, um damit den Radfahrern ein gleichberechtigtes Einordnen in den anderen Fließverkehr zu ermöglichen.

Auch wenn das durchgehende Befahren eines Radfahrstreifens nicht möglich ist, wird das Reißverschlusssystem angewendet. Müssen Radfahrer vom Radfahrstreifen auf den daneben liegenden Fahrstreifen wechseln (etwa um sich zum Linkseinbiegen einzuordnen), gelten die Regelungen für den Fahrstreifenwechsel anstelle der bisherigen Wartepflicht.

Ergänzend wird festgehalten, dass Radfahrer nur noch dann wartepflichtig sind, wenn sie von einem Radweg bzw. Geh- und Radweg kommen, der nicht durch eine Radfahrerüberfahrt fortgesetzt wird.

Es wird explizit angemerkt, dass geradeaus weiterfahrende Fahrzeuge auch gegenüber Fahrzeugen, die aus dem Parallelverkehr nach rechts abbiegen (zB. Radfahrer auf einem Radfahrstreifen gegenüber vom danebenliegenden Fahrstreifen rechts einbiegenden Kraftfahrzeugen), den Vorrang haben.

Als Fortsetzung eines gemeinsam geführten Geh-und Radwegs werden Blockmarkierungen der Radfahrerüberfahrt beiderseits des Schutzwegs jeweils versetzt zu den Längsstreifen des Schutzwegs angebracht, sodass funktionell der Fußgängerübergang und die Radfahrerüberfahrt „übereinander gelegt“ werden (und nicht wie bisher nebeneinander liegend). Die Anbringungsart war bisher in Fachkreisen als „St. Pöltner Modell“ bekannt.

Das Befahren von Schutzwegen mit Fahrzeugen im Sinne der Gehrichtung der Fußgänger ist verboten. Ausgenommen ist das Befahren mit Fahrrädern, wenn der Fußgängerübergang gleichzeitig auch eine Radfahrerüberfahrt ist.

Mit Fahrrädern mit einem Nabenabstand von mehr als 1,7 m ergibt sich auf Radfahranlagen ein erhöhter Platzbedarf, der nicht auf allen Radfahranlagen zur Verfügung steht. Diesen Radfahrern soll es freigestellt sein, ob sie die Radfahranlage oder die angrenzende Fahrbahn benützen wollen.

Für Fahrräder mit Anhängern oder mit mehrspurigen Fahrrädern, die eine Maximalbreite von 1 m (statt bisher 80 cm) nicht überschreiten, soll die Benützung von Radfahranlagen zulässig sein.

Üblicherweise werden Kurse für die Radfahrprüfung für Kinder der vierten Klasse Volksschule angeboten. Da die behördliche Bewilligung an die Vollendung des zehnten Lebensjahres des Kindes geknüpft ist, entsteht oft die Situation, dass Kinder trotz erfolgreicher Ablegung der Radfahrprüfung noch Monate warten müssen, um die behördliche Bewilligung zu erhalten. Mit einer Herabsetzung des Alters auf neun Jahre und einer gleichzeitigen Verknüpfung mit dem Besuch der vierten Schulstufe ist sichergestellt, dass alle Kinder der vierten Klasse Volksschule nach erfolgreicher Ablegung der Radfahrprüfung die behördliche Bewilligung erhalten können.


Kleinfahrzeuge und fahrzeugähnliches Kinderspielzeug

Für das Befahren von Gehsteigen und Gehwegen mit Kleinfahrzeugen und fahrzeugähnlichem Kinderspielzeug soll in Anlehnung an die maximale Geschwindigkeit für das Fahren mit Fahrrädern in Fußgängerzonen Schrittgeschwindigkeit vorgesehen werden.

Beaufsichtigungspflicht

Das Befahren von Gehsteigen und Gehwegen mit fahrzeugähnlichem Kinderspielzeug und ähnlichen Bewegungsmitteln ist für Kinder unter 12 Jahren (ausgenommen Kinder, die Inhaber eines Radfahrausweises sind) derzeit nur in Begleitung einer mindestens 16-jährigen Person erlaubt. Um eine zeitgemäße und bedarfsgemäße Fortbewegung der Kinder zu ermöglichen, soll eine Begleitung nicht mehr erforderlich sein, wenn das Fortbewegungsmittel mit Muskelkraft betrieben wird und das Kind ein Mindestalter von 8 Jahren erreicht hat; die unbegleitete Benützung ist auch in Fußgängerzonen und Begegnungszonen zulässig.
Für elektrisch betriebene, fahrzeugähnliche Kinderspielzeuge oder ähnliche Bewegungsmittel bleibt die Beaufsichtigungspflicht unverändert, da damit wesentlich höhere Geschwindigkeiten erreicht werden können.


Rechts einbiegen bei Rot

Ab 1. Jänner 1. April 2019 soll an drei ausgewählten Kreuzungen in Linz ein einjähriger Probebetrieb, trotz roter Ampel rechts abzubiegen, stattfinden: 

Zur Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen kann der Verkehrsminister durch Verordnung Kreuzungen bestimmen, an denen [...] die Lenker von Fahrzeugen – mit Ausnahme der Lenker von Lastkraftfahrzeugen oder Bussen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von jeweils mehr als 7,5 Tonnen – trotz roten Lichts rechts abbiegen dürfen, wenn

  • Sie zuvor angehalten haben
  • Eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs der freigegebenen Fahrtrichtung, ausgeschlossen ist
  • Neben dem roten Lichtzeichen eine Zusatztafel [...] angebracht ist.

Die Vorbilder sind international: USA, Kanada, Australien, Frankreich, Thailand, Tschechien, Polen und Teile Deutschlands (ein Überbleibsel der DDR).

Die betreffenden Ampeln werden laut Ministerialentwurf mit einer Tafel mit grünem Pfeil auf weißem Hintergrund gekennzeichnet.

Bei sogenannten „Spurensignalen“ werden allerdings auch Tafeln mit einem dunklen Pfeil auf hellem Hintergrund angebracht. Diese Tafel wird auch verwendet, um an gefährlichen Kreuzungen auf Fußgänger oder Radfahrer hinzuweisen.

Diese Schilder sind eine Art „Serviceleistung“ ohne Rechtsgrundlage: Sie haben sich nach Informationen der Wiener Magistratsabteilung 33 (Öffentliche Beleuchtung und Verkehrslichtsignale) bzw. des Amts der NÖ Landesregierung, Abteilung Landesstraßenplanung, in den letzten 25 Jahren etabliert, damit bei nicht leuchtenden Signalen eine bessere Orientierung auf das jeweils gültige folgende Signal möglich ist. Diese Ampel-Zusatztafeln sind aber weder in der StVO, einer Verordnung, den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) oder einer ÖNorm verankert.

Mit der 21. StVO-Novelle wurden diese Schilder (ohne ein verbindliches Muster zu normieren) zumindest offiziell erlaubt: „Unter den in den §§ 50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen sowie unter den in § 38 genannten Lichtzeichen können auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden.“

Damit diese beiden Tafeln nicht so leicht – speziell bei Störungen des Rot-Grün-Farbsehens! – verwechselt werden können, schlagen wir daher die farbumgekehrte Variante des vom BMVIT vorgestellten Pfeiles, also einen weißen Pfeil auf grünem Hintergrund, vor oder – nach deutschem Vorbild und damit einfach, erprobt und grenzüberschreitend erkennbar – die Verwendung eines grünen Pfeiles auf schwarzem Hintergrund.

Projektbetrieb

Das Institut für Verkehrswissenschaften der Technischen Universität Wien wurde mit der wissenschaftlichen Begleitung des Pilotversuchs beauftragt. Basierend auf Erfahrungen aus Deutschland wurde für die Anwendung in Österreich ein Kriterienkatalog zur Auswahl der Pilotkreuzungen erarbeitet. Durch die vorzeitige Beendigung des Pilotversuches konnten nur Vorher-Untersuchungen durchgeführt werden – eine Umsetzung des Pilotversuches inklusive Testbetrieb erfolgte nicht.

Die Kreuzungen des Probebetriebs in Linz:

  • Weißenwolffstraße / Garnisonstraße / Derfflingerstraße / Nietzschestraße (Kaplanhofviertel)
  • Wiener Straße / Ennsfeldstraße (Stadtteil Ebelsberg)
  • Dornacher Straße / Johann-Wolhelm-Klein-Straße (Stadtteil St. Magdalena)

An jedem Standort erfolgen eine Vorher- und eine Nachher-Erhebung an unterschiedlichen Wochentagen und Tageszeiten. Ergänzend zur Videoerhebung wird eine Reisezeitmessung durchgeführt, um mögliche Auswirkungen im Straßennetz zu berücksichtigen. Dazu werden Nutzungshäufigkeit, Anhalte-Bereitschaft, Ausweichverhalten sowie potenzielle Konfliktsituationen zwischen den Verkehrsteilnehmenden analysiert und ausgewertet.

Der Kriterienkatalog

Der vorgeschlagene Kriterienkatalog baut auf Vorschriften und Erkenntnissen aus Deutschland auf und dient als Rahmen für den Pilotversuch. Er ist gegliedert in Ausschlusskriterien, deren Erfüllung ein Ausscheiden aus dem Kreuzungspool nach sich zieht, und Abwägungskriterien, bei deren Erfüllung eine genaue Prüfung der Für und Wider zu erfolgen hat. Im Rahmen des Pilotversuchs erfolgt eine Evaluierung und eventuell Anpassung der Kriterien.

    • Wenn keine eigene Rechtsabbiegespur vorhanden ist
    • Wenn zu erwarten ist, dass viele Fahrspuren und Fahrbeziehungen zur Überforderung der Rechtsabbieger bei Rot führen
    • Wenn Kreuzungen und Einmündungen häufig von mobilitätseingeschränkten Personen überquert werden
    • Wenn Linienbusse als entgegenkommende Linksabbieger durch die Rechtsabbieger bei Rot mit Grünpfeil behindert werden können
    • Wenn in der übergeordneten Fahrtrichtung von rechts regelmäßig Wendefahrten auftreten
    • Wenn die Fahrgeschwindigkeit (v85) mehr als 10 Prozent über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit (max. 50 km/h) liegt
    • Wenn von der Haltelinie der Rechtsabbieger keine ausreichende Einsehbarkeit der freigegebenen Verkehrsrichtungen gegeben ist
    • Wenn einem Linksabbieger im Gegenverkehr durch ein Drei-Kammer-Signal bzw. durch einen grünen Pfeil ein konfliktfreies Abbiegen nach links signalisiert wird 
    • Wenn Pfeile in den für den Rechtsabbieger gültigen Lichtzeichen die Fahrtrichtung vorschreiben
    • Wenn für das Rechtsabbiegen mehrere markierte Fahrstreifen zur Verfügung stehen
    • Wenn beim Rechtsabbiegen Gleise von Schienenfahrzeugen gekreuzt oder befahren werden müssen
    • Wenn der freigegebene Fahrradverkehr auf dem zu kreuzenden Radweg für beide Richtungen zugelassen ist oder der Fahrradverkehr trotz Verbotes in der Gegenrichtung in erheblichem Umfang stattfindet und durch geeignete Maßnahmen nicht ausreichend eingeschränkt werden kann 
    • Bei abgesetzten Radfahrerüberfahrten
    • Wenn beim Rechtsabbiegen bei Rot eine vorgezogene Haltelinie (Bikebox) für geradeaus fahrende bzw. links abbiegende Radfahrer überfahren werden muss
    • Wenn die Verkehrslichtsignalanlage überwiegend der Schulwegsicherung dient
    • Wenn Kreuzungen oder Einmündungen häufig von Blinden oder Sehbehinderten überquert werden und nicht mit akustischen oder anderen geeigneten Zusatzeinrichtungen ausgestattet sind
    • Wenn die erlaubte Höchstgeschwindigkeit größer als 50 km/h ist